Im Rechnungsbuch der Jahre 1689/1690 ist die Anschaffung von Instrumenten am Meininger Hof verzeichnet, wodurch sich sehr klar der Startschuss dieses neuen Klangkörpers belegen lässt. Die von Bernhard I. zur Residenz erhobene Stadt und der neugegründete Hof, zudem die eigens erbaute Schlosskirche ließen neue musische Ansprüche wach werden.
Der Meininger Hofkapelle gelang es bereits sehr früh, unter Kapellmeistern wie Johann Ludwig Bach – dem sogenannten Meininger Bach – ab 1711 höfische und kirchliche Musiktradition zu den Anfängen eines bürgerlichen Konzertlebens zu verbinden. So wurde Meiningen zu einem wichtigen künstlerischen Zentrum und erlangte einen Ruf, der weit über die Grenzen Thüringens hinausging und reisende Musiker in die Residenzstadt zog.
Im 19. Jahrhundert wurde die Zeit unter Herzog Georg II. für Meiningen wegweisend. Dieser widmete sich mit Herzblut vor allem dem Theater, und zwar höchstpersönlich: als Theaterleiter, Regisseur sowie Kulturpolitiker! Neben der besonderen Pflege der klassischen Dichter wie Shakespeare und Schiller auf modernste Art und Weise führte auch die intensive Probenarbeit mit der Hoftheatertruppe zum sogenannten Meininger Stil, der auf internationalen Reisen von ebendieser in die Welt getragen wurde.
Eng verbunden mit Meiningen ist auch der Name Hans von Bülow: Die Ehefrau des Herzogs Georg II. lud in ihm ihren ehemaligen Klavierlehrer nach Meiningen ein, damit er für sie und ihren Mann seine gerühmten Beethoven-Interpretationen zum Besten geben möge. Die Bekanntschaft erwies sich als fruchtbar: Kurz darauf gastierte er bereits das erste Mal als Dirigent der Hofkapelle und trat dann 1880 die Stelle als Hofkapellmeister an – In seiner nun folgenden Arbeit ist er als der erste „Berufsdirigent“ und gleichzeitig Intendant im heutigen Sinne zu bezeichnen.
Während der nun folgenden Blütezeit des Orchesters konnten berühmte Persönlichkeiten wie Richard Wagner, Franz Liszt und Johannes Brahms für die Hofkapelle gewonnen werden. Nachfolger Bülows wurde der noch sehr junge Richard Strauss, später folgte dann Max Reger. Zudem ging das Orchester auf Reisen und erreichte durch erstklassige Gastspiele einen unumstrittenen Platz in der ersten Reihe.
Das heutige Meininger Staatstheater trägt seit einigen Jahren wieder den stolzen Beinamen Meininger Hofkapelle und wahrt damit die einzigartige Geschichte eines Orchesters, das durch alle Zeiten hinweg bis heute bestehen blieb.
Schloss Elisabethenburg, Meiningen
Johann Ludwig Bach (1677–1731)
Suite in G-Dur
„Ouverture à 4 / en G.“
Sätze: Ouverture, Air, Menuet, Gavotte, Air, Bourrée
Johann Ludwig Bach (1677–1731):
Der Meininger Bach
Johann Ludwig Bach gehörte zu den vielen „Bächen“ der berühmten Musikerfamilie und war ein Cousin 3. Grades von Johann Sebastian Bach, von dem er sehr geschätzt wurde.
Wie auch Johann Sebastian wuchs Johann Ludwig in einem musikalischen Umfeld auf: Geboren wurde er 1677 in Thal bei Eisenach - also 8 Jahre vor seinem später so berühmten Cousin -, sein Vater war der Organist und Kantor Jacob Bach. Beide Familien waren scheinbar in gutem Kontakt und durch die Nähe zu Eisenach dürften sich die Vettern zumindest zu festlichen Anlässen schon früh begegnet sein.
Jacob Bach, der selbst aus armen Verhältnissen stammte, ermöglichte seinem Sohn Johann Ludwig eine gute Schulbildung am Gothaer Gymnasium und finanzierte sein Studium.
Schon 1699 wurde Johann Ludwig mit 22 Jahren „Hoboist und Laquay“ am Meininger Hof. Fünf Jahre darauf wurde er befördert und bekleidete nun das Amt des Kantors und „Pageninformators“. Dies beinhaltete wohl den Unterricht der Pagen in Schreiben, Rechnen und Ähnlichem, nicht zuletzt in höfischen Etiketten, daneben auch Religion und Betstunden. Dazu kam die Kantorentätigkeit im sonntäglichen Gottesdienst.
1706 musste er zunächst eine berufliche Niederlage einstecken: Er bewarb sich erfolglos um das Amt des Kantors in Eisenach. Doch der Meininger Hof betraute ihn weiterhin mit reichlichen Aufgaben, was sich schließlich doch noch bezahlt machte: 1711 wurde er zum Hofkapellmeister berufen und blieb bis zu seinem Tod in diesem Amt.
Leider ist von seinem Werk nur ein Bruchteil überliefert. Wir haben es Johann Sebastian zu verdanken, dass wenigstens zwei Messen und 24 Kantaten die Jahrhunderte überdauert haben. Dieser führte 1726 in Leipzig ganze 18 Kantaten seines Vetters auf, des Weiteren verwendete er Texte aus bereits vorhandenen Meininger Kantaten und vertonte sie selbst neu. So kommt es, dass die Kantate „Denn du wirst meine Seele nicht in der Hölle lassen“ zunächst als BWV 15 aufgeführt wurde – heute geht man aber allgemein davon aus, dass die Musik Johann Ludwig Bach zuzuschreiben ist.
Von den sicherlich zahlreichen Instrumentalwerken sind leider nur ein Concerto für zwei Violinen in D und eine Ouvertüre à 4 in G überliefert – letzteres Stück wurde nun von der Capella Jenensis aufgenommen. Daneben existieren noch einige geistliche und wenige weltliche Kantaten, Motetten und eine eindrucksvolle Trauermusik zum Begräbnis des Herzogs Ernst Ludwig I. aus dem Jahr 1724.
Bis heute erhalten hat sich jedoch die Bedeutung Johann Ludwigs als Hofkapellmeister in Meiningen. Es gelang ihm, die noch relativ neue Hofkapelle weiter aufzubauen, womit er den Grundstein legte für eine viele Jahrhunderte dauernde Entwicklung eines Orchesters, das bis heute existiert.
Pia Scheibe